Die ehemalige Synagoge

Bis 1853 gehörten die jüdischen Familien von Waldlaubersheim zur Synagogengemeinde in Windesheim. In diesem Jahr konnten sie eine eigene Synagoge erbauten. Es entstanden Kosten in Höhe von 1.000 Talern. Dazu heißt es in einem Beschluss des Gemeinderates Waldlaubersheim: „damit die Juden nicht bei Wind und Wetter nach Windesheim zu laufen brauchen“, gewährte dieser einen Zuschuss von 300 Talern.
Bei der Synagoge in Waldlaubersheim handelt es sich um einen einfachen Bruchsteinbau mit Satteldach und Rundbogenfenstern. An der Frontseite ist ein Rundbogenfenster noch im Original recht gut erhalten, ebenso auf der Rückseite zwei dieser Fenster. Die Simse und Rundbögen sind aus Sandstein aus unserer Region.

Nach Abwanderung vieler jüdischer Einwohner konnte bereits in der Zeit des Ersten Weltkrieges kein regelmäßiger Gottesdienst abgehalten werden. 1918 wurde die Synagoge aufgegeben. Die jüdische Gemeinde war zu klein: Sie hatte nicht mehr die laut jüdischem Glauben erforderlichen mindestens zehn männlichen Mitglieder. Die noch am Ort lebenden jüdischen Mitbürger besuchten in der Folgezeit wiederum die Synagoge in Windesheim. Nach der Auflösung der Synagogengemeinde Waldlaubersheim und nach der Entweihung wurde das Gebäude 1920 an einen christlichen Mitbürger (Jacob Woog) verkauft. In der Folgezeit wurde das Gebäude als Scheune, Stall und Lager verwendet. Es ist bis heute sehr gut erhalten (weitere Besitzerwechsel 1930/32 und 1991).

Bei Veranstaltungen des Vereins Kultur vor Ort in Zusammenarbiet mit der Gemeinde, wird das einstige jüdische Kulturleben wieder in Erinnerung gebracht. So werden beispielsweise vor der ehemaligen Synagoge jiddische Lieder gesungen. Namhafte Säger, Dichter und Gruppen beteiligen sich an den jährlichen Veranstaltungen.

In Abstimmung mit der Jüdischen Kultusgemeinde für die Kreise Bad Kreuznach und Birkenfeld und im Einvernehmen mit dem Besitzer wurde 2006 an der ehemaligen Synagoge eine Gedenktafel angebracht.

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde

In Waldlaubersheim bestand eine jüdische Gemeinde bis um 1920. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück. Erste Zeugnisse sind Listen zur Erhebung von Judenschutzgeldern 1740 und 1778. 1796 lebten drei jüdische Familien mit zusammen 15 Personen am Ort (3,7 % der Einwohner des Ortes). Spätestens um 1800 wurde der jüdische Friedhof angelegt. Zunächst gehörten die jüdischen Familien zur Synagogengemeinde Windesheim. 1853 konnte eine eigene Gemeinde begründet werden, zu der nach 1857 zeitweise auch die in Windesheim, Bretzenheim, Langenlonsheim und Laubenheim lebenden Juden kamen, nachdem in diesen Orten die Zahl der jüdischen Gemeindeglieder stark zurückgegangen war.

Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1808 16 jüdische Einwohner, 1843 29, 1858 27, 1895 28. Seit der Zeit um 1900 ging die Zahl der jüdischen Einwohner durch Aus- und Abwanderung zurück. 1925 wurden nur noch acht jüdische Einwohner gezählt. Die jüdischen Familiennamen am Ort waren Marx, Mattes, Kann und Levy. Den jüdischen Familien gehörten einige Handlungen und Geschäfte am Ort: Anfang der 1930er-Jahren waren noch ein Kolonialwarenladen und eine Metzgerei im Besitz jüdischer Familien.

An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge, zeitweise eine Religionsschule, ein rituelles Bad (?) und einen Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zwar vermutlich zu keiner Zeit ein eigener Lehrer angestellt, doch wird man Lehrer aus Nachbarorten zum Religionsunterricht der Kinder herangezogen haben.

Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Kurt Mattes (geb. 21.12.1893 in Waldlaubersheim, vor 1914 in Bingen wohnhaft, gef. 19.2.1917).

1924 wird als Gemeindevorsteher der inzwischen aufgelösten jüdischen Gemeinde Waldlaubersheim Carl Marx II genannt.

Nach 1933 sind die letzten der jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Carl Marx starb Anfang Mai 1937. 1937 bis 1939 verließen die letzten jüdischen Einwohner Waldlaubersheim: Moritz und Johanna Marx verkauften am 1. April 1937 ihr Haus und ihren Grundbesitz und wanderten über Kreuznach aus. Hugo Marx emigrierte 1937 in die Schweiz, seine Frau Clara geb. Benjamin blieb bis zum Verkauf des Eigentums in Waldlaubersheim und konnte noch 1939 emigrieren.

(erstellt unter Mitarbeit des Alt-Bürgermeisters Rainer Schmitt, Waldlaubersheim)

Standort
Das Gebäude der ehemaligen Synagoge befindet sich unweit
der Martinskirche, neben dem Wohnhaus Binger Straße 16.